Die Völker wollen weder Krieg noch soziale Zerstörung

Im Herzen Europas ist Krieg! Viele Städte in der Ukraine wurden durch Putins Armee bombardiert und zerstört. Weit über 3 Millionen Menschen sind aus der Ukraine vor den mörderischen Kämpfen geflohen.

US-Präsident Biden ist anwesend auf dem EU – und Nato-Gipfel am 24./25. März. Er diktiert der EU und Nato sowie allen Mitgliedsstaaten die verstärkte Aufrüstung des Kriegspotentials, mit Betonung der Verstärkung der Ostflanke der Nato von den südosteuropäischen Ländern bis hinauf zu den baltischen Staaten. Dazu werden 14.000 US-Soldaten in Marsch gesetzt, zusätzlich zu den dort schon stationierten US-Soldaten.

Unter Führung Deutschlands spielen die „schnellen Eingreiftruppen“ eine wichtige Rolle für den Kampf gegen die „russische Bedrohung“. Tausende Soldaten und Waffen der schnellen NATO-Eingreiftruppe werden ebenfalls an die Grenzen von Russland und Ukraine verlegt. Die Bundesregierung greift mit der Verhängung von Sanktionen gegen Russland in den Krieg ein, liefert Waffen und Raketen an die ukrainische Regierung.

Alle europäischen Regierungen haben sich zur Erhöhung ihrer Rüstungsausgaben verpflichtet: 2.000 Mrd. Euro wollen die 27 EU-Staaten in den nächsten 5-7 Jahren in die Rüstungshaushalte investieren.

Die Bundesregierung liefert mehr strategische Waffen und Abwehrraketen an die ukrainische Regierung, was nach der 100-Milliarden-Aufrüstung und Steigerung dieser jährlichen Rüstungsausgaben auf mehr als  2% des BIP die Verschuldung in die Höhe schießen lässt.

Dazu kommt noch der Kauf von bis zu 35 US-F-35-Kampfjets, auf Kosten der Förderung der Entwicklung eines entsprechenden deutsch-französischen Kampfflugzeugs. Von diesem Kauf profitieren US-Rüstungskonzerne; doch auch die deutsche Rüstungsindustrie verbucht explodierende Börsenkurse.

Zunehmend wird in Deutschland vorgeschlagen, die Notwenigkeit eines permanenten Aufrüstungs- und Kriegsführungshaushaltes als unbedingte Pflicht jeder Bundesregierung im Grundgesetz zu verankern. Dafür soll die Schuldenbremse ausgehebelt werden – eine Schuldenbremse, die allerdings weiter gegen alle öffentlichen und sozialen Ausgaben des Haushaltes wirksam bleiben soll.

Zur Abwälzung der staatlichen Verschuldung folgen Regierungsdiktate gegen Reallohn und Tariflohn, Deregulierung, Zersetzung der Flächentarifverträge und extreme Ausweitung der Minijobs und Armutslöhne.

Verstärkte Fortsetzung der Kaputtsparpolitik

Bund und Länder forcieren das Programm von Krankenhausschließungen und Bettenabbau. Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) speist die Pflegekräfte mit einer spalterisch differenzierenden  Einmalprämie ab und verweigert der großen Mehrheit der Pflegekräfte die Befreiung aus den Armutslohn-Tarifverträgen.

Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) fordert eine drastische Rentenkürzung über die Flexirente.

Für mehr Personal für die Schulen, Universitäten und Kitas – kein Geld!

Im Tarifkampf der Beschäftigten im Sozial-und Erziehungsdienst (Tarif-runde SuE) will die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) den Reallohneinbruch diktieren. Die Kita-Beschäftigten kämpfen für die Verteidigung ihres Reallohns und fordern mehr Personal.

Schon vor Kriegsbeginn drohte der gesellschaftlichen Mehrheit Massenverarmung durch die Preisexplosion, durch Inflation und Reallohnverlust. Für Privathaushalte sind seit Beginn des Ukraine-Krieges die Strom und Heizungspreise um 27% gestiegen.

Nein zur „Nationalen Gemeinsamkeit von Regierung und Volk“ für die Kriegspolitik

Die Führungsspitzen aller 5 etablierten Parteien, SPD , Grüne, FDP, CDU/CSU und die Linke haben sich in die Politik und Regierung der „Nationalen Gemeinsamkeit“ gegen den Krieg integriert und unterstützen sie. Scholz appelliert an die Einheit von Volk und Regierung zur Opferbereitschaft für die „Solidarität mit der Ukraine“.

Die schlimmsten Beispiele der Unterstützung liefern die Führungsspitzen von IG BCE und IG Metall. Der IGM-Vorsitzende Jörg Hofmann hat am 1. März in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Unternehmerverband BDI die Unterstützung der Kriegsführungspolitik der Regierung Scholz und der EU garantiert und auch die Unterstützung für alle Sanktionen betont.

Für die beginnende Chemie-Tarifrunde bietet die IG BCE-Führung „in diesen Zeiten des Krieges“ den Verzicht auf Lohnforderungen gegen Inflation und Reallohnverlust an. Sie ist bereit zur vollständigen Abkehr vom Flächentarifvertrag, zugunsten von Betriebsvereinbarungen für Lohn und Arbeitszeit, entsprechend der unterschiedlichen wirtschaftlichen Situation in den Betrieben.

Widerstand

Die Linkspartei ist gespalten zwischen voller Unterstützung der Scholz-Regierung und ihrer Kriegspolitik. (s. S. 4,  17)

„Die Linke hat Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und Aufrüstung immer abgelehnt. Dabei sollte es bleiben.“ (Sahra Wagenknecht). Sechs Abgeordnete der Partei Die Linke stimmten gegen das von Scholz angekündigte 100-Mrd.-Paket zur Aufrüstung und die 2% BIP plus für die Nato.

Wie ein Donnerschlag traf die Linke der Austritt von Oskar Lafontaine. Oskar Lafontaine, Mitbegründer und langjähriger Co-Vorsitzender der Partei die Linke, begründet seinen Austritt aus dieser Partei damit, dass die Führung der Linkspartei nach ihrem Bruch mit dem „sozialen Profil“ jetzt auch durch ihre Unterstützung der Kriegspolitik der Regierung mit den „friedenspolitischen Grundsätzen“ gebrochen habe. Aus den gleichen Gründen hatte Lafontaine seinen SPD-Vorsitz und sein Ministeramt in der Schröder – Regierung aufgegeben und 2005 die SPD verlassen.

Wird dieser Bruch von Lafontaine mit der Linkspartei zu Konsequenzen bei der Gruppe der Bundestagsabgeordneten um Sahra Wagenknecht führen, die sich auf der ganzen Linie im Widerspruch zur Kriegspolitik der Parteiführung definiert?

Unter der Regie von Gysi wird von Vertretern des Parteivorstands der Ausschluss solcher Antikriegskräfte gefordert.

Widerstandspositionen gegen die offizielle Kriegsführungspolitik, gegen die propagierte „Nationale Gemeinsamkeit von Regierung und Volk“, vertritt die Gruppierung „Der Appell“. (s. S. 4)

Ihr Aufruf erhielt inzwischen mehr als 30.000 Unterschriften, von Gewerkschaftsverantwortlichen auf nationaler und regionaler Ebene, von Sozialdemokraten ebenso wie von Vertretern der Linkspartei und ihren Jugendorganisationen, von Fridays for Future und NGOs.

Manche von ihnen können gewonnen werden für einen konsequenten Kampf gegen die Kriegs-Regierungspolitik. Delegierte und Vertreter solcher Widerstandspositionen haben ihren Platz auf der Europäischen Dringlichkeitskonferenz, zu der „Die neue Linke Strömung“ (NAR, Griechenland) und die POI (Unabhängige Arbeiterpartei in Frankreich) aufruft und die am 9. April stattfinden soll.

… in den Gewerkschaften

Während sich die Führungsspitzen des DGB und der Einzelgewerkschaften in die Kriegspolitik der Regierung Scholz integrieren, erheben sich in den Gewerkschaften, vor allem in ver.di Stimmen von Kollegen, die fordern: „Nein zur Lieferung von Waffen an die Ukraine und Sanktionen gegen das russische Volk, Nein zum 100 Mrd. Euro Aufrüstungspaket für die Bundeswehr und 2% plus des BIP für die Nato.“ (s. auch Seiten 13 ff)

Vor allem in ver.di werden Positionen und Anträge verbreitet, die auch in aller Konsequenz gegen die Kriegs- und Aufrüstungspolitik der Regierung Stellung nehmen und gegen deren Unterstützung durch Teile der Gewerkschaftsspitze.

Die Demonstration der 500.000 am 27.2. in Berlin und die gleichzeitigen Massendemos in allen großen Städten markieren den Höhepunkt einer wahren Volkserhebung gegen Krieg und Aufrüstung, gegen Lohndumping, Prekarisierung und explodierende Preise.

Die anschließenden Aufrufe von Gewerkschaften und Parteien zu Demonstrationen „gegen den Krieg – für den Frieden – Solidarität mit der Ukraine“ sollten als Ventil dienen, um den Druck gegen die Regierung abzulassen. Sie forderten die Unterstützung der Scholz-Regierungspolitik. Diese Demos wurden von den Volksmassen boykottiert.

Der Monat März wurde und wird der Monat der Kämpfe und Streiks für die Forderungen der Arbeiterschaft. Damit antwortet sie auf das Scholz-Diktum, in Zeiten des Krieges sei kein Platz für Forderungen.

Die Beschäftigten der Sozial- und Erziehungsdienste antworten auf die oben genannte Provokation der VKA mit gewerkschaftlich organisierten Streiks für die Verteidigung und Verbesserung des Reallohns, und vor allem die Kitabeschäftigten fordern dringlich mehr Personal.

Die Kolleg*innen der Flugsicherheit streiken – ebenfalls mit ihrer Gewerkschaft ver.di – für die gleichen Forderungen.

Selbst die Führung der IG Metall sieht sich mit Forderungen der Metaller nach Verteidigung und Verbesserung des Reallohns gegen Inflation und Preissteigerungen konfrontiert.

In den Politischen Arbeitskreisen, in Verbindung mit ihrer Zeitung „Soziale Politik & Demokratie“, diskutieren gewerkschaftlich und politisch engagierte Kolleg*innen wie sie der Arbeiterschaft und Jugend helfen können, in diesen Kriegszeiten, welche die Regierung Scholz zu einer sozialzerstörerischen Offensive im Interesse des Kapitals nutzt, ihre Forderungen zur Verteidigung ihrer Errungenschaften und Lebensqualität durchzusetzen.

Diese Kriegszeit soll nicht die Zeit des Verzichts und der Opfer sein und schon gar nicht der Gemeinsamkeit von Volk und Regierung für den angeblichen Kampf gegen den Krieg.

Carla Boulboullé / Werner Uhde

Berlin, 25.März 2022

 

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