Fragen und Antworten zum Krieg

Weder Putin – noch NATO?

Am 24. Februar begann die militärische Invasion in die Ukraine. Putins Artillerie überzog viele ukrainische Städte mit ihrem Bombenterror.

Unter dem Oberkommando der NATO sandten die Regierungen der EU umgehend zigtausende Soldaten an die Grenzen Russlands und der Ukraine.

Man muss klarstellen, dieser Krieg war von Anfang an weder ein Krieg zur Verteidigung Russlands, wie Putin behauptet, noch der „europäischen Werte“, wie Biden, Scholz, Macron… behaupten.

Es ist weder der Krieg des russischen noch der Krieg des ukrainischen Volkes noch eines anderen Volkes. Er wird geführt im Interesse von Putins Oligarchenfraktion und von der Kriegsmaschinerie der NATO unter dem Kommando des US-Imperialismus, im Interesse der dominierenden US-Konzerne und Multis und für deren Kontrolle über Öl, Gas und andere Rohstoffe.Krieg Bundeskanzler

Wir sind im Krieg?

„Wir sind quasi Kriegspartei,“ erklärte Wirtschaftsminister Habeck schon Ende März 22.

Am 26. April haben die USA 40 Länder auf dem US-Militärstützpunkt Ramstein eingeladen. Bei diesem von den USA initiierten Treffen handelte es sich nicht um ein NATO-Treffen. Die meisten der eingeladenen Länder waren nicht Mitglied der NATO. Es ging darum, die US-Kriegspolitik zu bekräftigen und allen europäischen Ländern, allen voran Deutschland als führender europäischer Industriemacht, ihren Platz darin zuzuweisen.

Auf dem NATO-Gipfel in Madrid am 29./30. Juni haben die 30 NATO-Staaten eine deutliche Verstärkung der Ostflanke beschlossen. Die USA hatten in den vergangenen Monaten die Zahl ihrer Soldaten in Europa um rund 20.000 auf mehr als 100.000 erhöht.

Sie nutzen den Schrecken des Krieges für eine gewaltige Aufrüstungskampagne in Europa. Künftig sollen mehr als sieben Mal so viele Soldaten wie bislang für den Ernstfall in hoher Einsatzbereitschaft sein. D.h. eine Aufstockung der schnellen Eingreifkräfte von bisher 40.000 auf mehr als 300.000 Soldaten.

„Die NATO bedeutet Krieg, sie ist die direkte Intervention des US-Imperialismus in Europa, der jegliche Souveränität der Völker mit Füßen tritt und eine schwindelerregende Erhöhung der Kriegshaushalte erzwingt.“ (Aufruf des Europäischen Treffens gegen den Krieg, Madrid, 25. Juni 2022)

Über das Parlament hinweg präsentierte Scholz sein 100 Mrd.-Paket für die Aufrüstung der Bundeswehr, ergänzt durch die von den US-Regierungen – Obama, Trump und Biden – diktierte Erhöhung der jährlichen Militär-Ausgaben für die Bundeswehr auf 2 % plus des BIP. Das in Deutschland traditionelle Verbot von Waffenlieferungen in Kriegsgebiete wurde aufgehoben. Die Wende zur Kriegsführungsmacht brach mit der seit 1945 dauernden Tradition als „pazifistische“ Nation.

Anfang Oktober kündigt „Kriegs“mi-nisterin Lambrecht für die Regierung Scholz an, dass zusätzliche Waffenlieferungen für die Ukraine geplant seien.

 Es geht um einen Wirtschafts- und Handelskrieg?

„Wir sind quasi Kriegspartei Wirtschaftskriegspartei, wir zahlen einen hohen Preis“, hat Habeck erklärt.

Die Folgen des Wirtschaftskrieges des US-Imperialismus, zu dessen Waffen die fatalen Wirtschaftssanktionen gegen Russland gehören, treffen besonders Deutschland. DGB und Unternehmerverbände warnten schon im April/Mai vor einer Deindustrialisierung Deutschlands, der stärksten Industriemacht Europas.

Die Abermilliarden für Aufrüstung und Waffen fehlen schon für produktive Investitionen in die Industrie. Das Gasembargo bedroht neben den Großkonzernen die bedeutende Schicht der mittelständischen Metall- und Chemieindustrie. Durch dieses Embargo werden Millionen Arbeitsplätze bedroht (DGB).

„Die Vorstellung, dass wir Putin dadurch bestrafen, dass wir Millionen Familien in Deutschland in die Armut stürzen und dass wir unsere Industrie zerstören, während Gazprom Rekordgewinne macht – ja wie bescheuert ist das denn?“ (Sahra Wagenknecht in ihrer Rede im Bundestag vom 8. 9.)

 Die Scholz-Regierung führt den sozialen Krieg gegen das Volk?

100 Mrd. für den Kriegshaushalt, Milliarden und Abermilliarden für die Rüstungskonzerne und für Subventionen an Energiekonzerne und Autoindustrie zur Rettung von Profiten und Renditen der Finanzinvestoren. Die Kosten für diese Militarisierungs- und Subventionspolitik wie auch schon für die Pandemie und „Energiewende“ werden auf die arbeitende Bevölkerung abgewälzt: weitere Privatisierungen und Schließungen von Krankenhäusern, dramatischer Personalmangel in der Pflege, in Schulen und Kitas…

Der Preis für die Kriegspolitik ist eine Politik der sozialen Grausamkeiten, der verschärften Kaputtsparpolitik gegen die soziale Infrastruktur, gegen Krankenhäuser, Schulen…. Er beschleunigt das Ansteigen der Inflation durch die Preisexplosion von Energie, Strom und Benzin, der die Preissteigerung für Lebensmittel folgte: das bezahlt die arbeitende Bevölkerung mit Reallohnverlust.

Um die Gefahr sozialer Unruhen einzudämmen, greift die Regierung, gestützt auf alle etablierten Parteien und die Gewerkschaftsführungen, zur Diffamierung von Demonstrationen gegen den Krieg und gegen den sozialen Krieg als von rechts/AfD-gesteuert. Die Angriffe auf die Demonstrations- und Meinungsfreiheit wurden jetzt ergänzt durch die Verschärfung und Ausweitung des Straftatbestandes der Volksverhetzung (§ 130 StGB). Und der neugeschaffene „Heimatschutz“ gegen Bürgerproteste sollte nicht vergessen werden, der die Reaktionsfähigkeit auf eine „gezielte Destabilisierung“ zügig verbessern soll.

Was ist mit der Forderung nach Stopp der Waffenlieferung?

Wir sagen Nein zur militärischen Invasion von Putins Truppen in die Ukraine und dem mörderischen Bombenterror. Wir fordern den Rückzug von Putins Truppen aus der Ukraine.

Wir sagen Nein zu der von der NATO geförderten brandgefährlichen Eskalation des Krieges durch vermehrte Ausrüstungs- und Waffenlieferungen, die militärische Ausbildung für die Ukrainer… (Dazu ein Hinweis: Die Bundeswehr übernimmt eine koordinierende Rolle bei der EU-Ausbildungsmission EUMAM (EU Military Assistance Mission Ukraine) für die Ukraine.)

Die Wut der Bevölkerung in der Ukraine angesichts der Invasion der russischen Truppen ist verständlich. Die Ukraine ist eine Nation. Doch die Waffen werden an das Selenskyj-Regime geliefert

Kann man ernsthaft glauben, dass Selenskyj das ukrainische Volk verteidigt? Er ist der Vertreter eines Regimes, das gigantische private Vermögen auf der Grundlage von Plünderung und der Zerstörung aller Rechte anhäuft.

Vertritt er die Interessen des ukrainischen Volkes? Mit einem Dekret hat Selenskyj im Frühjahr die Aktivitäten von elf Parteien verboten, von denen zwei als prorussisch gelten. Am 17. August hat Selenskyj die Anti-Reform des Arbeitsrechts ratifiziert – gegen die Veto-Forderung der ukrainischen Gewerkschaftsorganisationen, die vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) und dem Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) unterstützt wurden. Die Arbeiter in der Ukraine sehen sich einem beispiellosen Angriff auf das Arbeitsrecht und Gewerkschaftsrechte ausgesetzt, nachdem bereits durch das für Kriegszeiten eingeführte Gesetz des Ausnahmezustands harte Einschränkungen der demokratischen Grundrechte verordnet wurden. Diese Anti-Reform verstößt in vollem Umfang gegen die grundlegenden Übereinkommen der IAO und der Europäischen Sozialcharta, die von der Ukraine ratifiziert wurden.

 Waffenstillstand sofort?

Scholz proklamiert mit seiner „Zeitenwende“ das Ziel: Deutschland zur führenden Militärmacht der Nato  in Europa aufzurüsten. Mehr als zwei Drittel der befragten Bevölkerung lehnen für Deutschland die Rolle als militärische Führungsmacht ab. Sie fordern von der Regierung konkrete Bemühungen für Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges. (Umfrage Forsa)

Bundeskanzler Scholz aber sieht keine Hoffnungen für einen schnellen Waffenstillstand. Außenministerin Baerbock will das deutsche Volk auf eine möglichweise jahrelange Dauer des Krieges einschwören. Von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission), antwortete auf die an sie gerichtete Frage nach einem möglichen Waffenstillstand, dass das nicht infrage komme.

Der Krieg „stellt eine tödliche Gefahr für alle Völker Europas und die Völker aller Kontinente dar. Zur Rettung der Menschheit muss dieser Marsch in die Barbarei gestoppt werden. (..) Wir schlagen Alarm: diese Eskalation kann zu einer planetaren Katastrophe führen,“ heißt es in einem von Arbeitnehmer*innen und Aktivisten aus mehreren Ländern Europas unterzeichneten Aufruf: Sie treten dafür ein, dass alle Arbeitnehmer*innen und Aktivisten in Europa ihre Kräfte zusammenschließen, „um diese Todesspirale und das Abschlachten zu stoppen und sich für den Stopp des Krieges und einen sofortigen Waffenstillstand einzusetzen!“

Der Widerstand der Völker gegen den Krieg wird sich nicht eindämmen lassen. Allein in Deutschland bezeugen das die Hunderttausende, die schon gegen den Krieg – gegen den sozialen Krieg auf die Straße gegangen sind. Die wachsende Ablehnung der Kriegspolitik drückt sich auch aus in dem drastischen Anstieg der Zahl der Kriegsdienstverweigerer unter den Reservisten und Ungedienten und dem verstärkten Drängen von Soldaten aus dem Dienst. (Angaben des Verteidigungsministeriums).

„Wir müssen uns in unserem Kampf gegen die kriegstreibenden Regierungen gegenseitig stärken“

„Die Europäische Union und die europäischen Regierungen bewilligen immer neue Milliarden für den Krieg… Nur die Arbeiterklasse und die Völker Europas sind in der Lage, diese tödliche Spirale zu stoppen!“ (Aufruf des Europäischen Treffens gegen den Krieg, Madrid, 25. Juni 2022)

Erinnern wir uns an die Worte von Karl Liebknecht angesichts des Völkermords im 1. Weltkrieg:

„Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ – (Mai 1915)

Anmerkung 1:

Schon seit langem tobt um die Ukraine ein scharfer Handelskrieg zwischen der EU und Russland, die beide wichtige Handelspartner der Ukraine sind. Schon 2014 wandte sich Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) scharf gegen den „Versuch der EU-Kommission, die Ukraine anzugliedern.“ „Das ist Größenwahn, wir haben dort nichts zu suchen.“ (…) „Ich halte nichts davon, einen dritten Weltkrieg herbeizureden, erst recht nicht von Forderungen nach mehr Geld für Rüstung der NATO. Aber die Gefahr, dass sich die Situation verschärft wie im August 1914, wächst von Tag zu Tag.“ (s. Artikel von G. Krupp in „Soziale Politik & Demokratie“, Nr. 465)

Anmerkung 2:

Die Widerstandsbewegung und Stimmen gegen den Krieg, wie die der Populären Linken von Sahra Wagenknecht und von Oskar Lafontaine, gewinnen in allen Ländern Europas an Kraft. So zum Beispiel: „Stop the War“ in Großbritannien, die Union Populaire und Mélenchon in Frankreich, die Unione Popolare und de Magistris in Italien, die „Neue linke Strömung“ (NAR) in Griechenland, die KP Portugals „für Waffenstillstand“, Clare Daly, Europaabgeordnete aus Irland, Russische Aktivisten gegen Putins Invasion in die Ukraine und die Mobilmachung. Drängt sich nicht für alle diese europäischen Widerstandskräfte mit Dringlichkeit die Notwendigkeit ihrer Zusammenführung auf europäischer Ebene auf, z.B. durch die Einberufung einer Europäischen Konferenz: Gegen den Krieg – für Waffenstillstand! – und gegen den sozialen Krieg der Regierungen gegen die Völker? (Aus der Erklärung von politisch und gewerkschaftlich Engagierten aus der Arbeiterbewegung: „Nein zur Kriegspolitik– Nein zum sozialen Krieg gegen die Völker“)

Die Fragen beantwortet Gotthard Krupp, Mitglied der Redaktion „Soziale Politik & Demokratie“ und des Landesbezirksvorstands ver.di Berlin-Brandenburg

ZUM DOWNLOAD: Thesen Krieg

 

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