Gewerkschaftlich organisierter Widerstandskampf

Die wirkliche Integration der Flüchtlinge und Zuwanderer heißt: Gleiche demokratische und soziale Rechte!

Das verlangt die Verbindung mit dem Kampf der arbeitenden Bevölkerung und Jugend für die Verteidigung und Rückeroberung dieser Rechte, die den einen durch die jahrelange Agenda-Politik der sozialen Demontage und des Lohndumpings unter dem Diktat der Schuldenbremse und der Deregulierung geraubt wurden und die für die anderen dadurch bedroht werden.

Das Programm für die „Integration“ der noch ansteigenden Zahl von Flüchtlingen, das Wirtschaft und Regierung auf der Grundlage bisheriger Erfahrungen in prognostizierende Zahlen gegossen haben, sieht anders aus:

Die 10 % Qualifizierten und ein geringer Teil der Jugendlichen sollen über ein bis zwei Jahre dauernde Maßnahmen für die Integration in Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen sowie in Berufsqualifizierungsmaßnahmen vorbereitet werden, um in relativ qualifizierte Arbeitsverhältnisse zu gelangen, die allerdings nicht für alle tarifvertraglich und gesetzlich geschützt sein werden.

30 – 40 % sollen, der Arbeits- und Gewerkschaftsrechte beraubt, zu prekarisierten Billigjobs verurteilt werden. Der Rest soll arbeitslos und rechtlos bei dem Elendssozialgeld Hartz IV landen.

Damit beginnt die Regierung der Großen Koalition im Schoße der Gesellschaft eine Sprengladung sozialer und politischer Konflikte aufzuhäufen, die schon heute außer Kontrolle gerät, allen voran die Unionsparteien zerreißt und die SPD in Erwartung der kommenden Wahlergebnisse in eine Existenzkrise stürzt.

Im Sinne dieses „Integration“-Programms hat die große Koalition schon mehrere Asylrecht – Zertrümmerungspakete verabschiedet und geplant, die mit den demokratischen Rechten auch die schon dürftigen sozialen Überlebensmittel der Flüchtlinge beschneiden.

Arbeits- und Sozialministerin Nahles von der SPD übernimmt die Verantwortung für die Ausarbeitung eines „Integrations-fördergesetzes“. Dafür greift sie ausdrücklich auf das Agenda-Prinzip des „Forderns und Förderns“ zurück, das soziale Rechte unter Bedingungen stellt und wegsanktioniert.

DGB- Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach verurteilt die Pläne von Nahles: „Fördern und Fordern, dieses Konzept kennen wir…Meist fehlt für das Fördern das Geld und übrig bleibt das Fordern. Das gilt für alle, die Hartz IV beziehen, für inländische Arbeitssuchende und anerkannte Flüchtlinge gleichermaßen.“ Da die Große Koalitionsregierung unter dem Gebot der Schuldenbremse der großen Mehrheit der Flüchtlinge die Finanzierung der Sachinvestitionen und des Personal für Sprachförderung, Bildung, Ausbildung und Berufsqualifizierung, sowie für das Recht auf Kita-Platz und Wohnung verweigert, hält Buntenbach eher Sanktionen gegen die Bundesregierung für angebracht.

Unter dem zunehmenden Druck der Unternehmerverbände, das Heer der Flüchtlinge zu missbrauchen für eine neue und verschärfte Offensive für Sozialabbau und die Senkung der Arbeitskosten, gegen die Rechte der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften und die Demokratie, droht das von Nahles geplante Integrationsfördergesetz zum Instrument der Eröffnung dieser Offensive zu werden.

Als ersten Baustein dafür will Nahles 100.000 geflohene Arbeitnehmer und Jugendliche unter Negation ihres Bildungs- Ausbildungsstatus und ihrer Berufsqualifikation in 1 € Jobs zwingen. Danach werden sie in ihrer großen Mehrheit als Hartz IV Empfänger den Absprung höchstens in alle möglichen Billigjobs und prekäre Beschäftigung finden.

Ursprünglich wurde Nahles von den Gewerkschaften auch über den Koalitionsvertrag beauftragt, eine Gesetzesinitiative für die Einschränkung des „Missbrauchs“ der Leiharbeit und vor allem der Werkverträge für Tarifflucht und Lohndumping zu ergreifen. Damit sollte auch in Industrie und Öffentlichem Dienst / Dienstleistungssektor die Epidemie der Auslagerung und Ausgründungen und der Fremdvergabe gebremst werden, wodurch die Flächentarifverträge zersetzt werden, Stammbelegschaften geschrumpft und Großbetriebseinheiten zergliedert werden.

Unter dem Druck von Unternehmensverbänden und Unionsparteien gerät diese Gesetzesvorlage inzwischen zu einem Gesetz der Förderung von Leiharbeit und schrankenlosen Ausweitung der Werkverträge und damit der Tarifflucht mittels der oben genannten Instrumentarien.

Diese Gesetzesvorlage öffnet die Tore weit für die zu uns geflüchteten Arbeitnehmer und erwerbsfähigen Jugendlichen, die von der Privatwirtschaft und den öffentlichen Arbeitgebern als Nahrung für die neue Offensive der Tarifflucht, des Lohndumpings, der Prekarisierung und Scheinselbstständigkeit missbraucht werden sollen.

Auch diesen Gesetzentwurf verurteilt Annelie Buntenbach vom DGB- Vorstand in einer Erklärung vom 19.2.2016, weil es Lohndumping weiterhin zulasse, besonders den Einsatz von Werkvertrags-Beschäftigten für Streikbruch erlaube und die Tarifflucht auch noch honoriere, indem es tarifflüchtigen Unternehmen die Abweichung von den minimalen Einschränkungen für Leiharbeit per Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung zugestehe.

Während die Vorsitzenden der IGBCE und IGM diesen Gesetzentwurf immer noch unterstützen, und für den „Kampf“ gegen den „Missbrauch“ von Leiharbeit und Werkverträgen weiterhin auf die Regierung der Großen Koalition setzen, sieht sich die Metallgewerkschaft in der aktuellen Tarifrunde dazu veranlasst, 200 bis 300 Betriebe ohne Tarifvertrag in die Streikbewegung zu ziehen, um die Rückkehr in den Flächentarifvertrag zu erkämpfen.

Die Arbeitnehmer verstärken ihren Druck auf die Gewerkschaften: dass nur der gewerkschaftlich organisierte Kampf – mit der Einsatzmöglichkeit des Streiks als ihrem stärksten Kampfmittel – in der Lage ist, die Flächentarifverträge gegen Tarifflucht durch Auslagerung etc. zu verteidigen, bzw. zurück zu erobern und für mehr Personal und Stellen zu kämpfen, bzw. Arbeitsplätze zu verteidigen.

Ver.di will in der aktuellen Tarifrunde mit der 6 % Lohnforderung für die 2,3 Millionen Beschäftigten in den Kommunen und des Bundes und besonders mit den 100 € mehr für die Auszubildenden auch für mehr Personal kämpfen. Ebenso mit der Forderung des Verbots sachgrundloser Befristung und höherer Eingruppierung vor allem des Pflegepersonals.

Die IG BAU bringt in ihrem Tarifkampf für die 5,9 % die Forderung mit ein, dass die Flüchtlinge nur auf der Grundlage des tariflichen Mindestlohn eingestellt werden sollen.

Prekär Beschäftigte in Landesverantwortung in Berlin schreiben in einem Brief an die Bundestarifkommission von ver.di, die Forderung nach Rückkehr in den TVÖD in den beginnenden Tarifverhandlungen mit aufzunehmen.

In ver.di wird diskutiert: die Krankenhaus- und Pflegereform der Großen Koalition wird nicht für mehr Stellen und Personal gegen den Pflegenotstand führen, sondern das Kaputtsparen verschärfen. In der GEW wird diskutiert: die Schuldenbremse ist die absolute Bremse für das dringend benötigte Mehr an Lehrpersonal, ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen, für die kaputtgesparten Schulen und Kitas und noch zusätzlich für die Integration der Flüchtlinge und ihrer Kinder und Jugendlichen.  Wie können die Gewerkschaften als Instrumente des gewerkschaftlich organisierten Kampfes der KollegInnen für mehr Stellen und Personal benutzt werden?

Die Diskussion all dieser Fragen und auch der Frage der wirklichen Integration der Flüchtlinge durch ihre Integration in die gewerkschaftlich organisierten Kämpfe der hiesigen Arbeiterschaft für die Durchbrechung des Diktats der Schuldenbremse und gegen die Deregulierungspolitik der Großen Koalition will diese Zeitung „Soziale Politik und Demokratie“ fördern und lädt gewerkschaftliche und politische Kämpfer und Jugendliche zu Diskussionsversammlungen ein.

Carla Boulboullé

 

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