Volle Solidarität mit dem Vollstreik der Postkollegen: Für die Rückführung aller 6000 Paketzusteller in den Posttarifvertrag

Am 22. Januar 2015 verkündet die Post AG ihre Provokation: Tausende befristet angestellte Beschäftigte sollen als Postler 2. Klasse in neugegründete Billigtöchter abgeschoben werden, mit brachialen Lohnkürzungen bis zu 20% und sehr viel schlechteren Arbeitsbedingungen.

Diese Provokation trifft auf Postkollegen, die seit Anfang Dezember 2014 ihre Kampfbereitschaft in Warnstreiks gegen die zunehmende Ausweitung befristeter Beschäftigungsverhältnisse bei der Post bewiesen haben.

Mitte März kündigt ver.di die tariflichen Arbeitszeitregelungen und fordert eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Damit will die Gewerkschaftsführung gegen den brutalen Rauswurf Tausender Paketzusteller aus dem gemeinsamen Haustarifvertrag Druck auf die Post AG ausüben.

Für die Kollegen führt das zu einer noch größeren Mobilisierung in den Warnstreiks, weil sie mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung den Kampf für mehr Stellen verbinden.

Sie revoltieren gegen die Politik der Senkung der Lohnkosten durch Lohnverzicht und Personalabbau, auf Kosten einer unerträglichen Leistungsverdichtung.

Eine Politik, die dem ehemaligen Staatskonzern im Zuge der Privatisierung von der Bundesregierung diktiert wurde; eine Politik, welche die Regierung der Großen Koalition, die weiterhin größter Aktionär der Post ist, verlangt, um mit Hilfe der Hunderte Millionen schweren Dividende die Einhaltung der Schuldenbremse, des schwarzen Null-Haushalts abzu sichern.

„Wettbewerbsfähige Lohnstruktur“

Denn die Post könne sich „ nur durch eine dauerhaft wettbewerbsfähige Lohnstruktur künftig „am Markt“ behaupten“, erklärt die Personalchefin. „Wettbewerbsfähig“, das heißt für den Konzernvorstand die Garantie der jährlich um 8 % bis auf 5 Milliarden steigende Dividende durch Überausbeutung der Beschäftigten herauszupressen.

Im Mai eröffnete ver.di den Lohntarifkampf mit der offensiven Forderung für eine kräftige Reallohnsteigerung von 5,5% bei einer Laufzeit von 12 Monaten.

In den sechs Verhandlungsrunden auch über die Arbeitszeitverkürzung und die Tarifflucht in die Billigtöchter gab es keinerlei Bewegung und Verhandlungsbereitschaft des Postvorstands, der hinter den Kulissen permanent die Rückendeckung der Regierung erhielt. Damit aber hat der Postvorstand den Kollegen und ver.di keinen anderen Weg gelassen als den Aufruf zum unbefristeten Streik für die Forderung der Rückführung aller 6.000 ausgegliederten Beschäftigten in den Tarifvertrag der Post.

Es bleibt nur der unbefristete Streik

Mit kämpferischer Entschlossenheit beteiligen sich die Kollegen am Streik: schon in den ersten Tagen sind 16.000 dem Streikaufruf von ver.di gefolgt, das sind mehr als 10% der 140.000 Postbeschäftigten.

Alle Kollegen bei der Post spüren und wissen – und das gilt auch für ver.di: in diesem Kampf geht es um die Existenz der Gewerkschaft als Garant für den einheitlichen Unternehmenstarifvertrag für alle Beschäftigten bei der Post. Dieser Vollstreik der Postkollegen gegen die Tarifflucht, für die Rückführung der 6.000 in den Billiglohntöchtern Beschäftigten in den gemeinsamen Tarifvertrag ist historisch beispiellos. Die Kollegen erkämpfen mit ihrer Gewerkschaft das Recht auf Streik gegen Ausgliederungen in dem sie es praktizieren. (Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts in den 50er Jahren war der Streik für nichttariffähige Forderung, wie z.B. Ausgliederungen, verboten, was von den Gewerkschaftsführungen bis heute respektiert wird.)

Gegen die brutale Operation des Einsatzes von Leiharbeitern und „freiwilligen“ Beamten als Streikbrecher, braucht dieser Streik – gestützt auf die entsprechende Entscheidung der gewerkschaftlichen Streikführung – die volle und aktive Solidarität der 140.000 Tarifbeschäftigten und auch der 40.000 Beamten.

Warum dieser Streik?

Ein Erfolg dieses Streiks wird die Kraft schaffen für den Kampf für die berechtigten Forderungen aller Kollegen, die sie der Superdividende zu opfern nicht bereit sind: nach massiven Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzung, d.h. mehr Personal.

In Bezug auf diese Forderungen stellen sich allerdings Fragen für die Kollegen.

Die ver.di-Führung hat der Post AG ein „Angebot“ vorgelegt: im Gegenzug zur Rückführung der in die Billiglohntöchter abgeschobenen Kollegen bot sie als Kompensation den Verzicht auf die tarifliche Lohnforderung für dieses Jahr an und war bereit, die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung fallen zu lassen. Das richtet sich gegen das Mandat, das die Kollegen der Gewerkschaftsführung für die Vertretung dieser Forderungen als Auftrag gegeben haben.

Überdies erklärte die ver.di Führung in dem „Angebot“ ihre Bereitschaft, für alle Neueinstellungen ab 1. November für alle Entgeltgruppen den Stufenaufstieg von zwei auf drei Jahre zu verlängern und das leistungsbezogene variable Entgelt zu halbieren. D.h. in anderer Form diese Beschäftigten aus dem gemeinsamen Posttarif herauszubrechen. Das aber würde die Spaltung der Kollegen in solche erster und zweiter Klasse fördern, auf die die Post AG mit den Ausgliederungen gezielt hatte.

Dieses „Angebot“ respektiert das Diktat der „Wettbewerbsfähigkeit“ der Post, der die Forderungen der Kollegen geopfert werden sollen.

Dieses „Angebot“ kann aber den Kampf für die Rückführung der Ausgegliederten eher belasten, als die Mobilisierung aller Postkollegen in diesem entscheidenden und historischen Streik zu fördern.

Diese Diskussion wird sich unausweichlich in der Gewerkschaft entwickeln und hat schon begonnen. Und aus ihr schöpfen die Postler nur noch größere Entschlossenheit, alle Kraft auf den unbefristeten Streik für die Wiederintegration der 6.000 Kollegen zu konzentrieren und darauf gestützt schon bald auf den Kampf für ihre jetzt fallen gelassenen Forderungen zurückzukommen.

Carla Boulboullé

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