Welche Antworten auf ihr Diktat zum Lohnverzicht und Stellenabbau?

Die KollegInnen des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen haben nach 10 Jahren Reallohnverzicht mit ihrer kraftvollen Streikbewegung für 6,5 % im Frühjahr 2012 den Zwang zum Lohnverzicht durchbrochen und reale Lohnerhöhungen erkämpft.

Jetzt drohen ver.di in den Tarifverhandlungen für die 800.000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder, die mit 6,5% mehr ebenfalls eine Reallohnerhöhung von fordern, und die GEW für die rund 200.000 angestellten Lehrer und ihre Forderung nach tarifvertraglicher Regelung der Eingruppierung mit ersten Warnstreiks.

Und sie brauchen diese Erhöhung. Längst sind sie abgekoppelt vom kommunalen Lohnniveau.

Doch die KollegInnen, die heute im Tarifkampf stehen, erleben in drastisch verschärfter Form wie ihnen über das Diktat der Schuldenbremse/Sparpolitik Lohnverzicht aufgezwungen werden soll.

Auf ihnen lastet die Erfahrung ihrer KollegInnen aus Kommunen und Bund, die unter dem Druck der Schuldenbremse ihrer Lohnerhöhung beraubt werden sollen.

Die Antwort des Düsseldorfer Oberbürgermeisters (CDU) und seiner Ratsmehrheit mit der FDP auf das Tarifergebnis im letzten Jahr heißt, die Anforderungen der Spardiktate der Schuldenbremse entschlossen umzusetzen – und das, obwohl Düsseldorf als »schuldenfrei« gerühmt wird!

Das sieht dann so aus:
Ein 750-facher Stellenabbau soll durchgedrückt werden auf der Basis von Privatisierungen z.B. von Kitas, der Ausgründung z.B. weiterer IT-Bereiche, des Abbaus öffentlicher Dienstleistungen z.B. durch Schließung von Jugendeinrichtungen und Methadonambulanzen oder der rücksichtslosen rigorosen Arbeitsverdichtung.

Mit der Zerstörung von Arbeitsplätzen durch Entlassungen, Privatisierungen, Ausgründungen, Stellenabbau etc., der Prekarisierung durch immer mehr Befristungen und Leiharbeit hebeln die öffentlichen Arbeitgeber das Tarifergebnis aus.

Je höher der Tarifabschluss, desto umfassender die Arbeitsplatzvernichtung, desto weniger für die Beamten, droht Bullerjahn, der sozialdemokratische Verhandlungsführer der Länder, der sich am 31. Januar nochmals gegenüber der Schuldenbremse verpflichtet hat.

Wohin der Kurs führt, dem Bullerjahn sich unterwirft, zeigt die Bilanz der Privatisierungen und des Stellenabbaus: „Von 1991 bis 2010 ist die Zahl der Staatsbediensteten um 1,6 Millionen gesunken; das sind über 30 Prozent. (…) Auf Bundesebene liegt der Rückgang bei insgesamt 30 Prozent (…) Um 25 Prozent sank die Beschäftigtenzahl im öffentlichen Dienst der Länder (…) Mit 38 Prozent fiel der Personalabbau auf der kommunalen Ebene massiv aus“, schreibt die Hans-Böckler-Stiftung (»impuls«, 3/2012). Nur: Gleichzeitig herrschte Lohnverzicht im letzten Jahrzehnt. 2009 lagen die realen Bruttolöhne um 4,6 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2000.

Die KollegInnen im öffentlichen Dienst stellen fest: Freie Tarifverhandlungen und die Respektierung des abgeschlossenen verbindlichen Tarifvertrages sind unvereinbar mit der Schuldenbremse! Und dies überall.

ver.di-Kollegen in Düsseldorf, Beschäftigte der Kommune und des Landes, haben deshalb die Diskussion unter den KollegInnen, in ihren Gewerkschaften eröffnet. Sie wollen nicht dazu verdammt sein, den Stellenabbau bestenfalls »sozialverträglich zu gestalten« und fordern in ver.di den gemeinsamen Kampf für die Durchsetzung der berechtigten Forderung der KollegInnen der Länder nach 6,5 Prozent mehr Geld und den der kommunalen Kollegen für die Verteidigung aller Arbeitsplätze und der von der Tarifkommission am 26. April 2012 beschlossenen Lohnerhöhung. Damit wollen sie die Gewerkschaft als Garanten des Tarifvertrages verteidigen.

Dafür muss ver.di alle Kolleginnen des öffentlichen Dienstes in den gemeinsamen Kampf rufen. Die KollegInnen können den bisher praktizierten Verzicht der ver.di-Führung auf den gewerkschaftlichen Kampf gegen Stellenabbau und Privatisierungen nicht akzeptieren.

Denn der gewerkschaftlich organisierte, der vereinte Kampf der Beschäftigten des Landes und der Kommune für die Durchsetzung der 6,5 Prozent und gegen jede Zerstörung von Arbeitsplätzen und gegen jede Privatisierung, kann die ultimativen Drohungen der Arbeitgeber zurückweisen.

Wenn SPD-Bullerjahn erklärt, „Ich will die Schuldentilgung erhöhen, nicht die Personalausgaben“, dann richtet er das politische Diktat der Umsetzung der Schuldenbremse und ihrer Verschärfung durch den Fiskalpakt gegen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Die Schuldenbremse dient dazu, um über Lohndrückerei, Personalabbau und massive Kürzungen der sozialen und öffentlichen Dienstleistungen das Geld zur Erhöhung der „Schuldentilgung“ rauszupressen und über die Bedienung des Schuldendienstes an die Banken und Spekulanten deren gigantische Profite zu garantieren. So sollen aus dem öffentlichen Haushalt des Landes NRW nach dem Haushaltsentwurf 2012 über 4,7 Milliarden Schuldzinsen aufgebracht werden.

Gibt es einen anderen Weg als für die Aufhebung der Schuldenbremse und den Stopp der Schuldzinszahlung einzutreten?

Welches Ratsmitglied in Düsseldorf, welcher Abgeordnete im Landtag, welcher NRW-Bundestagsabgeordnete oder Kandidat zur Bundestagswahl – ob Sozialdemokrat oder den Interessen der Arbeiterschaft verpflichtet – kann akzeptieren, dass die Schuldenbremse als Hebel für Lohndumping und Stellenabbau gegen die KollegInnen im öffentlichen Dienst gerichtet wird?

Die Düsseldorfer Delegierten, die an Arbeiterkonferenz am 26. Januar teilgenommen haben, wenden sich an alle KollegInnen, Gewerkschafter, Sozialdemokraten und engagierte Kämpfer in Düsseldorf mit dem Vorschlag, sich mit ihnen für die Einheit der Arbeitnehmer und ihrer Organisationen im Kampf für die Aufhebung der Schuldenbremse/Spardiktat in einer politischen Initiative zu sammeln und ihre Kraft zu verstärken.

Und wir werden den Beschluss, den wir gemeinsam mit den 100 Delegierten aus ganz Deutschland in Berlin gefasst haben ernst nehmen und dafür sorgen, „dass die Kandidaten der SPD, dass alle Kandidaten, die sich auf die Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer und der Demokratie berufen, an diesen Forderungen überprüft werden.“

H.-W. Schuster


Aus: Soziale Politik & Demokratie Nr. 293 vom 4. Februar 2013

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